100 km Marsch – die letzte Tort(h)ur

Was sind 100 km? 19 Aspiranten wollten es genauer wissen und waren bereit, nach sechs harten Tagen Durchhalteübung noch einmal 100 weitere Kilometer auf sich zu nehmen. Flug LX466 der Swiss von Zürich nach London – es vergehen sechs Minuten. In dieser Zeit hat das Flugzeug gerade wieder weitere 100 Kilometer überflogen. Romanshorn im Neuwald, 01:21 – 19 Aspiranten machen sich auf den Weg, dieselbe Distanz zu Fuss zurückzulegen. Erst 85 Minuten zuvor, die Aspiranten noch tief schlafend, hiess es: „Wecki, Wecki!“

Start 100 km. In fünf Gruppen ging es los – manche kamen schneller vorwärts, andere nahmen Umwege in Kauf; (Kartenlesen im Dunkeln ist nochmals eine Spur schwieriger…). Doch alle fanden nach und nach vorwärts durch den Thurgau – Hatswil, Hefenhofen, Sommeri hiessen Ortschaften, durch die marschiert wurde. Kümmertshausen usw., doch wen kümmerts – bei Nacht sieht man sowieso nicht viel und man ist ja nicht auf einer Sightseeing-Tour. Ein Zug fährt vorbei – achtunddreissig Minuten ist er unterwegs und schon hat er 100 Kilometer wieder hinter sich gebracht. Man ist nach ca. 15 km gerade in Bürglen angekommen und sah zum ersten Mal die Thur – der namensgebende Fluss des Thurgaus. Noch viel Weg lag vor einem und man wusste, dass man diesen Fluss noch begleiten würde, bis er in den Rhein mündet.

Kilometer um Kilometer wurden abgespult und langsam spürten alle ihre Wehwehchen. Auch war es nun Tag geworden – immerhin half dies gegen die aufkommende Müdigkeit, mit welcher schon viele zu kämpfen hatten. Alles ging nun mehr oder weniger der Thur entlang – in Ossingen hatte man dann bereits mehr als die Hälfte des Weges zurückgelegt – Posten fünf erreicht. Als Belohnung gab es Teigwaren mit Poulet an Rahmsauce. Motivationssteigernd wirkten auch Kuchen und Nussgipfel sowie Kaffee. Doch es musste noch weiter gehen – langsam ging die Thur dem Ende zu – jeder Aspirant hatte wohl langsam das Gefühl, man habe dieThur langsam gesehen! Die letzten Kilometer an der Thur wurden nun vollkommen zur „Torthur“: Wald, feuchtes Klima und Stechmücken allenthalben. Nichtalle Aspiranten hatten das Glück, von zivilen Passanten Anti-Brumm angeboten zu bekommen. Weiter ging es dem Rhein entlang – eine Ländlermusikgruppe war da auf dem Schiff unterwegs: Glück für zwei Gruppen – diese bekamen Bier spendiert und auf Wunsch wurde sogar extra „Schacher Seppeli“ gespielt! Es ging bereitsgegen Abend zu, 24 Kilometer waren noch zu absolvieren.

Manche Aspiranten sahen so mitleidereggend aus, dass sogar ein Taxifahrer seine Dienste kostenlos anbot. Doch das Erlebnis, einen Hunderter erfolgreich zu absolvieren, wollte sich niemand nehmen lassen! Um 19.40 erreichte dann die erste Gruppe das Ziel – reine Marschzeit war 17 Stunden und 20 Minuten. Gratulation! Während für diese Gruppe bereits das Feiern und Erholen anfing, galt es für die meisten anderen noch eine weite Strecke zu überstehen. Um 01.44 kam auch die letzte Gruppe im Ziel an. 23 Stunden und 23 Minuten ist diese marschiert – das Swiss-Flugzeug wäre da bereits um die halbe Welt geflogen. 100 km zu Fuss – ein einmaliges Erlebnis! Erinnerungen an Bilder von humpelnden Kameraden, geschwollenen Füssen, erschöpften Gestalten – aber auch von Siegesschreien, von Gesichtern, den Freudetränen nicht mehr fern.