Fachausbildung EKF
Heutzutage werden Kriege nicht mehr nur auf dem Schlachtfeld entschieden. Von entscheidender Bedeutung über Sieg oder Niederlage sind unter anderem auch Informationen über die gegnerischen Mittel und deren Standorte. Aus diesem Grund hat die Schweizer Armee schon vor Jahren ein Gebiet der elektronischen Kriegsführung (EKF) geschaffen. Die sechs Aspiranten aus dem Bereich EKF verbrachten drei Wochen in Jassbach/Schwarzenburg, um dort eine fachspezifische Ausbildung zu geniessen.
In der ersten Woche mussten wir – wie alle Aspiranten – erst am Montagabend einrücken. Sodann richteten wir uns in den Zimmern ein und bekamen erste Aufträge für den folgenden Tag. Die eigentliche Ausbildung ging aber erst am Dienstagmorgen los: Wir lernten die Richtstrahlantenne (Systeme zur Datenübertragung via „Luft“), deren Spezifikationen und Aufbau kennen. Nicht zu kurz kamen dabei ein Teil über die Theorie der Wellenausbreitung und wie und warum so ein Gerät funktioniert. Vor allem die praktischen Teile, wie der Aufbau, werden in Zukunft unsere Unterstellten übernehmen, als Vorgesetzter muss man jedoch eine minimale Ahnung von den Systemen haben.
Am Nachmittag wurde dann noch ein zukünftiger Einsatzstandort besichtigt, bevor es am Abend zusammen mit der RS aus Jassbach in den fakultativen Ausgang nach Thun ging. Am Mittwoch kamen wir dann – wie wir später sagen würden – zum Höhepunkt der Woche. Um 08.00 Uhr mussten wir mit Ausrüstung auf dem Standort „Bütschelegg“ sein. Dort wurden wir in den Ablauf eines Standortbezuges eingeführt und geschult. Dies wird auch unsere spätere Aufgabe als Zugführer sein. Die Lehren, die alle zogen, werden wir wohl nicht so schnell vergessen. So ist es aufgrund des Personalmangels in der Armee zeitweise angebracht, einer Person mehrere Aufgaben gleichzeitig aufzutragen (z.B. Torwache und Telefondienst). Es ist erstaunlich, was alles getan werden muss, bis ein Standort tatsächlich bezugsbereit ist. So müssen nebst der gesamten Vorbereitung eine komplette Systemkontrolle und eine Erkundung stattfinden. Hier muss auch der Grundbesitzer kontaktiert werden. Erst wenn man all dies erledigt hat, kann man in den eigentlichen Einsatz gehen.
Am Abend kamen wir schliesslich noch in den Genuss, den Unterschied zwischen taktischen und operativen Systemen sowie die Aufgabe der EKF kennenzulernen. Hierzu nur soviel: Auch wenn der Name diesen Trugschluss zulässt, wird die EKF nicht nur imKrieg eingesetzt. Sie hat vielseitige Aufgaben und wirdzur Überwachung der Funkfrequenzen auch an der EURO 08 eingesetzt (es soll vermieden werden, dass verschiedene Funknetze auf derselben Frequenz betrieben werden). In naher Zukunft kommen dann neue Systeme hinzu, welche es unter anderem einem Kommandanten ermöglichen, bei Naturkatastrophen via Radio die Bevölkerung in der Region zu informieren – auch wenn die staatlichen oder privaten Radiosendestationen nicht mehr funktionsfähig sind.
Am Donnerstag und am Freitag ging es dann noch darum, am Simulator Peilungen von Funksignalen vorzunehmen, diese zu Funknetzen zusammenzuführen und so den Kommandostandort zu lokalisieren. Mittels Abhören des Funkrauschens (bei digitalen Gesprächen hört man nur ein Rauschen) kann ausserdem festgestellt werden, um welche Art von Gerät es sich handelt und somit ein Schluss auf die Art der Truppe gezogen werden.
Am Sonntagabend der zweiten Spezialausbildungswoche mussten wir schliesslich nicht mehr nach Jassbach, sondern nach Schwarzenburg in die RS einrücken, um dort die Theorie der Vorwoche noch praktisch zu erproben. Leider fand in dieser Woche aber auch die Inspektion statt, so dass wir Spezialaufträge fassten und die Führungsaufgaben zu kurz kamen.
So auch gleich am Montag. Zu sechst machten wir uns auf, einen Biwak- und einen Einsatzstandort zu erkunden. Das Ganze gestaltete sich dabei schwieriger als erwartet, da die entsprechenden Kontaktpersonen nicht anwesend waren. Schliesslich schafften wir es aber doch und lieferten – nach Meinung der Vorgesetzten – zwei genügend bis gute (perfekt gebundene) Erkundungsberichte ab. Am nächsten Tag war das aber schon wieder vergessen und der Teil „Einsatz“ wurde in die Tat umgesetzt. Dabei war es sehr lehrreich zu sehen, wie genau ein Einsatz abläuft. So geht der Zugführer zusammen mit einem Vordetachement von der Einsatzstelle aus direkt auf den Standort. Dort angekommen tätigt er letzte Vorbereitungen für den Bezug, während der Rest des Vordetachementes bereits mit dem Bau einer Telefonleitung beginnt. Währenddessen wartet der Rest des Zuges getarnt in der Nähe (einige Kilometer entfernt) auf die Rückkehr des Zugführers. Er kommt also nach Beendigung der Vorbereitungen zum Zug und gibt dort eine Befehlsausgabe an seine Gruppenführer. Oftmals geschieht dies anhand eines Geländemodells. Erst jetzt verschiebt der Zug fahrzeugweise zum Standort und beginnt mit dem eigentlichen Aufbau und dem Einrichten. Wenn man dann als Zugführer einen realen und keinen fiktiven Zug mit 15 Leuten unter sich hat, sieht das ganze theoretisch Gelernte doch schon wieder ganz anders aus. Am Dienstagabend konnten wir dann auch ein wenig Führungserfahrung sammeln, da der Zugführer an einen Rapport musste und wir Aspiranten somit den Standort führten.
Zu beachten gilt auch, dass man Materialdepots erstellt, Leitungen baut, Antennen aufstellt und Generatoren betreibt. All diese Objekte sind vor allem für Tiere sehr ungewohnt und spätestens wenn das Telefon nicht mehr funktioniert bemerkt man, dass Kühe gerne Leitungen voneinander beissen. Die Reperatur ist reine Routinesache.
Als das gesamte Kader mitten in der Nacht auf Mittwoch um 02:00h aufgeweckt knapp 250‘000 Fr. war in ca. 7m Höhe voneinander gefallen (ob Pferde in die Abspannungen rannten oder einfach nur das Material müde wurde ist noch unklar). Schliesslich mussten wir erfahren, dass die Pferde weiterhin
aggressiv das Materialdepot und den Generator attackierten. In der Folge wurden sie vom Bauer von der Weide geführt und wir konnten (zusammen mit Militärpolizei und allen möglichen vorstellbaren Vorgesetzten) den Schaden am nächsten Morgen ohne Angst vor erneuten Pferdeattacken begutachten.
Nach dem Einsatzende wurden alle Geräte wieder zusammengeräumt, gereinigt und schliesslich dem Zeughaus zurückgegeben. Diesen (unbeliebten) Teil des Einsatzes nutzte der Zugführer wiederum dazu, uns ein wenig mehr Führungserfahrung zukommen zu lassen.
In der letzten Woche waren wir wieder in Jassbach stationiert, wobei wir am Montag einen 40km Marsch über verschiedenste Anhöhen zurücklegten. Am Dienstag schliesslich kamen wir nochmals in den Genuss einer praktischen Lektion „Befehlsausgabe“. Danach ging’s in den 1. August-Urlaub bis am Donnerstagmittag. Am Donnerstag bekamen wir gleich Befehle vorgelegt und mussten einen Standortbezug vorbereiten, diesen gemäss bekanntem Schema mit einem fiktiven Zug beziehen und schliesslich auch noch dort übernachten. Glücklicherweise handelte es sich um einen Bauernhof, so dass wir trocken auf Stroh schlafen konnten. Am Folgetag hiess es dann zuerst zusammenräumen, sodann erneut auf die „Bütschelegg“ verschieben, wo wir nochmals eine Theorie über den kompletten Übungsablauf (begonnen mit den Vorbereitungen drei Monate vor dem Einsatz) und die einzelnen Tätigkeiten während den Phasen bekamen.
Das war’s dann aber schon von den EKF-Wochen. Während diesen drei Wochen haben wir mehr über die EKF erfahren, als in den 22 vorangehenden Wochen RS und Anwärterschule. Die Tätigkeiten eines EKF Zugführers wurden uns vor Augen geführt, wir konnten selbst Erfahrungen sammeln, haben diverse Befehlsausgaben verfasst und nicht zuletzt auch den Einsatzablauf kennen gelernt. Nach diesen drei Wochen haben wir das Gefühl bekommen, in der Verbandsausbildung fähig zu sein einen Zug zu führen.